Zwischen Taravai und Agakauitai
Erst sah es aus, als gäbe es nur ein kurzes Starkwind-Intermezzo, aber dann entwickelt sich der Wind jeden Tag wieder bis um die 20 Knoten. Das Liegen vor Rikitea ist nicht wirklich entspannt. Der Ankerbereich ist begrenzt von dem vorgelagerten Riff und dem Korallenriff direkt am Ufer. Dazwischen liegen rund 15 Yachten und zwei lokale Fähren.
In eine Richtung ist es immer knapp und zumindest ich schlafe nicht besonders entspannt. Mehrmals pro Nacht kontrolliere ich unsere Ankerposition anhand der App-Aufzeichnungen. Nach einigen Nächten kann ich schon im Halbschlaf anhand der Wellen und MACARENAs Bewegungen vorhersagen, ob der Wind aus SE oder E kommt. Bei SE-Wind rollt MACARENA stärker, bei östlichen Winden hört man ein starkes Windgeräusch, aber es gibt weniger Welle.
Auch die Dinghifahrten zur Pier sind nicht angenehm in der Welle und mit viel Wind. Wir haben es nicht weit, aber trotzdem wird man jedes Mal nassgespritzt. Dieses Foto haben wir bei besserem Wetter gemacht.
Am Montag wollen wir im lokalen Reisebüro und der „Air Tahiti“-Agentur Flüge nach Europa buchen. Leider bieten sie nur lokale Flüge zwischen den Inseln an. Wir nutzen das nicht so tolle Wetter für Bürozeiten an Bord und organisieren unseren Heimflug für den Winter online. Vor einigen Tagen haben wir schon einen Stellplatz für MACARENA auf Raiatea (nahe Tahiti) an Land festgemacht. Ende November 2025 können wir auskranen und dann werden wir für gut 2 Monate während de Zyklon-Saison nach Hause fliegen. Die Flüge sind deutlich länger und aufwändiger als in die Karibik und auch daran merken wir wieder, dass wir mittlerweile auf der anderen Seite der Weltkugel angekommen sind.
Wartezone vor dem Reisebüro in Rikitea
Am Freitag 30.05.2025 gehen wir Anker auf und fahren hinüber zur Insel Taravai. Da immer noch recht starker Wind aus SE herrscht, beschließen wir zwischen Taravai und der kleinen Nachbarinsel Agakauitai zu ankern. Tatsächlich ist die Welle auf der Überfahrt ziemlich unangenehm, kurz und steil. Aber sobald wir die schmale Passage zwischen Agakauitai und ein paar vorgelagerten Felsinselchen gefunden haben, wird das Wasser ganz ruhig und geschützt. Ein wenig abenteuerlich ist der letzte Teil der Strecke, da wir von der Südost-Ecke Agakauita’s an, durch nicht kartiertes Wasser fahren. Die Seekarte ist in desem Bereich schlicht weiss, ohne jede Angabe zu den Tiefen, der Bodenbeschaffenheit… nichts, garnichts! Kein gutes Gefühl in Gewässern mit vielen scharfkantigen Korallenköpfen. Wir trauen uns das auch nur, weil wir von anderen Seglern Trackdaten bekommen haben. Wenn man den Tiefgang des Schiffes, welches den Track aufgezeichnet hat, kennt und der zum eigenen Boot passt und dass Schiff dort wieder heile heraus gekommen ist, dann kann man diesem Treck folgen. Eigener Ausguck am Bug ist aber dennoch unumgänglich und erhöht das Sicherheitsgefühl enorm. Das Ziel ist es wert. Toll. Wir sind ganz begeistert von der Bucht zwischen den beiden Inseln, die nur durch einen vielleicht 300 Meter breiten flachen Pass getrennt sind. Im Pass leuchtet das Wasser über weißem Korallensand in wunderbaren Türkistönen. Allerdings ankern wir auf einer Wassertiefe von rund 18 m und lassen 60 m Ankerkette raus.
In den nächsten Tagen dreht der Wind mehr auf Ost und kommt durch den Pass zwischen den Inseln. MACARENA wird von manchen Böen ganz schön hin und her geschleudert und nutzt ihre Kettenlänge voll aus.
Aufzeichnung der Strecke, die Macarena in einer Nacht am Anker zurückgelegt hat.
Von dem Liegeplatz sind wir dennoch sehr fasziniert, soviel Natur, diese friedliche Ruhe und Weite rundum. Außer uns liegen noch zwei weitere Yachten vor Anker. Auf Taravai ist ein Haus zu sehen, dass aber seit ein oder zwei Jahren verlassen ist. Es gibt keinerlei Licht auf den Inseln.
Mit dem Dinghi machen wir eine kleine Erkundungstour, stellen aber fest, dass wir bei Niedrigwasser nicht an Land kommen, da der Korallensaum nur knapp überspült ist.
Wir besuchen die Nachbarn auf dem Katamaran YELO und stellen fest, dass sie aus der Schweiz kommen und sehr gut deutsch sprechen. Daniela und Rolf sind schon seit einigen Jahren in Franz. Polynesien unterwegs und haben die Lockdown-Zeit während Corona hier auf den Gambier Inseln verbraucht. Sie haben viel zu erzählen und so plaudern wir ein paar Stunden bei Ihnen an Bord.
Am Montag lassen wir nochmal den Wassermacher laufen und ich mache einen kleinen Ausflug mit dem SUP. Damit komme ich unproblematisch über die Korallen, muss bei einigen Windböen aber aufpassen, dass es mich nicht vom Board bläst.
Bei dem verlassenen Haus gibt es einen kleinen Anleger und ich gehe an Land. Ich habe extra meine Sandalen mitgenommen, aber der Garten ist so verwildert und das dichte Gras steht so hoch, dass ich noch nicht mal bis zu dem Haus komme. Im Gras gibt es viele Wespen und anderes Getier, da bräuchte man schon Stiefel und lange Hose, um hier ein paar Meter zu erkunden. Daniela und Rolf hatten erzählt, dass es vor Jahren wohl mal einen Trampelpfad zu den Häusern der östlichen Bucht auf Taravai gab. Dieser wäre damals aber schon sehr schwer zu finden und zu begehen gewesen. Mittlerweile ist wohl alles zugewuchert, es gibt keinen Weg mehr. Ich verstehe das jetzt sofort, dies ist wirklich eine sehr unzugängliche Gegend.
Dann paddel ich mit dem SUP lieber mal über den flachen Pass zum Strand auf Agakauitai. Die Gegend ist nahezu magisch, mit dem SUP schwebe ich über das glasklare, türkisschimmernde Wasser des flachen Passes und vor mir erhebt sich ein markanter Felsen neben dem weißen Strand. Ich bin völlig allein hier, in der Ferne liegen MACARENA und der Schweizer Katamaran vor Anker, an Land ist keine Menschenseele. Das ist ein sehr besonderer Moment und ich bekomme ein Gespür dafür, was die Faszination Französisch Polynesiens ausmacht. Am Strand entdecke ich dann noch ein paar kleine Schwarzspitzenriff-Haie, die elegant durch das sehr flache Wasser gleiten. Gerade so, dass sie nicht um meine Füße herum schwimmen. Sobald ich einen Schritt auf sie zu mache, sind sie schreckhaft und flitzen davon.
Junger Schwarzspitzenriff-Hai am Strand
Einsiedlerkrebs
Auf Taravai leben wohl aktuell noch 9 Menschen, im Wesentlichen in der östlichen Bucht. Dort haben wir auch eine kleine Kirche gesehen und jeden zweiten Sonntag im Monat veranstaltet dort ein Ehepaar ein BBQ für die Segler. Also, sie stellen den Grill und die Sitzgelegenheiten zur Verfügung, jeder bringt etwas mit und teilt dies mit allen. Dieses BBQ ist schon legendär auf den Gambier Inseln und eigentlich wollten wir am Sonntagmittag dort hin. Aber es gibt immer wieder Schauer und wir sehen ordentliche Wellen, die auf die Bucht zulaufen. In der Bucht soll man durch die Korallenbänke vor den Wellen geschützt liegen, aber der Weg durch die Korallen ist schmal und bei der Welle schwer zu erkennen. Vor diesem Hintergrund haben wir beschlossen, dass wir das BBQ lieber ausfallen lassen.