Wenn Giganten tanzen

Wenn Giganten tanzen

Auf den Spuren der sanften Riesen

Freitag steht etwas ganz Besonderes auf dem Programm: Whale-Watching! Wir sind alle etwas aufgeregt, doch bevor wir uns den Giganten der Meere nähern, lassen wir es ruhig angehen. Frühstück mit Blick auf Palmen, Meer und das Glitzern der Lagune. Danach geht unser Weg Richtung Süden, vorbei an Dörfern, duftenden Gärten und bunten Straßenständen.

Unterwegs führt uns ein kleiner Abstecher noch zum Arahurahu Marae, einer alten Kultstätte, die wirkt, als sei sie direkt aus einem Mythos entsprungen. Zwei große Tikis begrüßen uns und bewachen den Eingang, dahinter öffnet sich eine grüne Lichtung, umrahmt vom dichten Urwald. Der Boden aus schwarzem Lavastein glitzert in der Sonne. Es riecht nach feuchter Erde und Blüten. Man spürt die Stille, den Respekt, die Magie dieses Ortes.

Kurz vor dem Treffpunkt mit der WhaleWatching-Crew entdecken wir noch einen kleinen Strand. Ein perfekter Moment für unsere beiden Besucher: Das erste Bad unserer Freunde im salzigen Pazifik mit Wellenrauschen und bunten Fischen bringt große Freude.

Im kleinen Fischerhafen von Paea wartet die Crew von „Mobydick“ – lässig, herzlich, mit einem Hauch Abenteuergeist in den Augen. Neun Gäste sind an Bord, fünf wollen ins Wasser und mit den Walen schwimmen, wenn sich die Gelegenheit bietet. Isabel und Alex, unsere Guides, erzählen von den Buckelwalen, die jedes Jahr zwischen Juli und November die Gewässer rund um Tahiti und Moorea aufsuchen. Rund 3.000 Tiere – Mütter, Kälber, Liebhaber auf der Suche nach Partnern.

„Die warmen Lagunen sind ideal für die neugeborenen Wale“, erklärt Isabel. „Sie haben noch keine dicke Speckschicht und brauchen das warme Wasser – und auch den Schutz vor Orcas.“
Das Boot tuckert hinaus, knapp außerhalb des Riffs geht es nach Norden. Die Sonne brennt, das Wasser glitzert wie flüssiges Glas.

Alex taucht das Hydrophon ins Meer – und plötzlich hören wir es: ein leises, langgezogenes Summen, ein ferner Walgesang. Der Ruf eines Walbullen, irgendwo da draußen. Gänsehautmoment.

Doch der Wal ist weit weg, um uns herum bleibt das Meer still. Eine Stunde vergeht. Dann noch eine halbe. Thunfische jagen durchs Wasser, fliegende Fische schießen wie silberne Pfeile aus den Wellen. Aber kein Wal weit und breit. „Manchmal“, sagt Isabel lächelnd, „haben sie einfach anderes zu tun.“

Plötzlich: Bewegung am Horizont. Zwei andere Whale-Watching-Boote liegen dicht beieinander – und im Wasser dunkle Schatten, eine Fontäne, ein Blas. Da sind sie!
Die Crew reagiert ruhig, professionell. Wir nähern uns langsam, mit respektvollem Abstand. Dann kommt das Zeichen: Zeit, ins Wasser zu gehen: Leise hineingleiten, nicht springen! Herzklopfen. Das Meer ist warm, leicht aufgewühlt. Unter uns nur Blau – und nichts. Isabel schwimmt voraus, ihre Flossen schlagen leise. Die Sonne glitzert in Wellenmustern, man hört nur das eigene Atmen durch den Schnorchel. Dann, plötzlich, ein heller Schimmer unter uns. Eine Bewegung. Etwas Großes, Sanftes.

Und da ist sie: eine Walkuh mit ihrem Kalb. Die Mutter hängt fast reglos senkrecht kopfüber im Wasser, das Kalb schmiegt sich an ihre Seite. Es ist ein stiller, intimer Moment. Wir halten Abstand, schweben fast ehrfürchtig im Wasser. Die Mutter ist ganz gelassen und taucht nur in großen Abständen auf zum Atmen. Das Kalb taucht alle paar Minuten auf, prustet kurz, verschwindet wieder in der Tiefe. Langsam wird das Junge neugierig. Es löst sich von der Mutter, kommt näher – immer näher. Nur noch wenige Meter trennen uns. Das Walauge mustert uns intensiv, ruhig, neugierig, verspielt. Es dreht sich, zeigt die Bauchseite, schwimmt uns fast um und dann einmal quer vor uns vorbei. Wir sind sprachlos. Alles ist still – keine Worte, keine Bewegung, nur das Gefühl, Teil von etwas Unbegreiflichem zu sein. Die Zeit verliert ihre Bedeutung. Dann ein kräftiger Flossenschlag – Mutter und Kalb steigen auf. Ihre Rücken brechen die Wasseroberfläche, der Atemstoß zischt, und für einen Moment sehen wir ihre große Schwanzflosse steil im Sonnenlicht, bevor sie wieder in die Tiefe gleiten.

Als wir zurück an Land sind, lächelt niemand – alle grinsen. Diese Mischung aus Staunen und Glück, die man kaum beschreiben kann. Später, auf MACARENA, sitzen wir lange still, noch immer ein bisschen high von dieser ganz besonderen Begegnung. Das Bild, das bleibt, ist das des kleinen Wals, der uns neugierig musterte – ein Blick, der tiefer geht als jedes Meer. Ein Moment, der bleibt.

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