
Warten auf ein Wetterfenster…
Die ganzen Tage schielen wir immer schon mit mindestens einem Auge auf die Wettervorhersage für die Weiterfahrt nach Cartagena in Kolumbien. In der „Marina de Pesca“ haben wir schon mal einen Liegeplatz reserviert und den Kontakt zum (verpflichtenden) Agenten bekommen. Das Wetter sieht nicht wirklich gut aus, könnte aber grad so gehen. Schon lange im Vorfeld hatten wir uns mit diesem etwas tückischen Seegebiet beschäftigt. Da ist einmal das „Cabo de Vela“, an dieser Ecke herrscht sehr oft Starkwind aufgrund des Kap-Effekts. Dazu kommt, dass an der Kolumbianischen Küste das Wasser in einem großen Wirbel wieder aus der Karibik herausströmt und die Strömungsrichtung mehr oder weniger entgegen der vorherrschenden Windrichtung läuft, das ergibt schnell eine steile, hohe Welle. Außerdem ist diese Gegend bekannt für heftige Gewitter, statistisch gesehen gibt es nur an rund 60 Tagen im Jahr kein Gewitter. Die Wahrscheinlichkeit ist im Januar / Februar am Besten.
Was wir allerdings erst jetzt bei intensiverer Törnvorbereitung entdecken, ist, das es auf Höhe des Ortes (und Marina) Santa Marta nur rund 40 Km landeinwärts einen wahrhaftig riesigen Berg gibt. Die Picos „Cristobal Colon“ und „Simon Bolivar“ sind über 5.700 m hoch!! WOW, das ist mächtig. Vor meinem inneren Auge taucht sofort der „Teide“ auf Teneriffa auf, der ist sehr beeindruckende 3.700 m hoch. Und die Berge hier setzen noch mal 2.000 m drauf… Google sagt, es sei das weltweit höchste Gebirge in Küstennähe. Na, das das noch mal sehr spezielle Einflüsse auf Wind und Wetter hat, kann man sich gut vorstellen.
Unsere Wetterinformationen beziehen wir über die Apps von „Predict Wind“ und „Windy“, außerdem nutzen wir auf dem Laptop „Seaman Pro“ für die Törnplanung. Natürlich sind sich die Systeme nicht einig. Letztendlich bauen wir auf „Seaman Pro“, da man hier die Wetterverhältnisse am besten passend zum Törnfortschritt ablesen kann. „Predict Wind“ bietet Infos über die Gewitterneigung und „Windy“ nutzen wir für Strömungsdaten.
Am Samstag zeigt das Planungstool ein Wetterfenster entlang unserer geplanten Kurslinie an, wenn wir am Montag starten. Mittelwind um 20 Knoten, nur ein sehr kurzer Bereich kurz vor Cartagena, in dem wir mit Böen um 32 Knoten zu rechnen haben. Nicht schön, aber wahrscheinlich machbar. Für den Törn brauchen wir 4 – 5 Tage, wir wissen jedoch, das die Wettervorhersage über 3 Tage hinaus ziemlich ungenau wird. Außerdem müssen wir noch einen weiteren Tag für´s Ausklarieren einplanen. Mit dem Bus in die Stadt, alle Formalitäten erledigen, zurück und das Dinghi seefest verstauen: dafür müssen wir mindestens 6 Stunden einplanen, wenn alles glatt läuft. Sonntagmorgen holen wir noch mal frische Wetterdaten, bevor wir uns auf den Behördenweg begeben. Und, siehe da, die Wetterprognose ist noch schlechter geworden. Auch die alternative Planung mit einem Zwischenstopp in Santa Marta ist keine Option. Die vorhergesagten Phasen mit Böen über 32 Knoten sind deutlich länger und intensiver geworden. Das deckt sich mit unserer Gesamteinschätzung zur Wetterentwicklung. Also fahren wir erstmal nicht.
Am Montag, 13.01. zeichnet es sich ab, dass das Wetter ab Mitte der Woche besser wird. Also: besser, das heißt nicht wirklich gut. Aber man muß hier wohl nehmen, was man bekommt. Dienstag früh sieht die Prognose für einen Törnstart am Mittwoch zum Glück noch ein bisschen besser aus. Okay, das Wetterfenster nehmen wir. Zur Vorbereitung fahren wir mit MACARENA noch zur Tankstelle und nehmen Wasser für die Überfahrt. Dann legen wir uns wieder vor Anker. Der nächste Bus nach Willemstadt zum Ausklarieren soll 14.50 Uhr fahren. Wir warten gut eine halbe Stunde, bis er tatsächlich kommt. In der Zeit lernen wir ein Seglerpaar auch Neuseeland und Japan kennen, mit denen wir uns angeregt unterhalten. Sie sind grad angekommen und wollen zum Einklarieren auch zu Customs und Immigration. Also haben wir denselben Weg und absolvieren den Behördenparcours gemeinsam. Blöderweise regnet es die ganze Zeit, ich habe zwar zum Glück den Schirm mitgenommen, aber bei dem Seitenwind hilft der auch nur bedingt. Heute liegt eine AIDA im Kanal hinter der Ponton-Brücke, scharenweise begegnen uns deutsche Urlauber. Außerdem liegen noch zwei weitere Kreuzfahrtschiffe an den Anlegern vor der Küste. Die Insel ist wirklich voll.
Nachdem die Ausreise-Formalitäten geregelt sind, essen wir noch eine Kleinigkeit und holen uns eine Pizza als Reiseproviant für den ersten Segeltag. Oh, jetzt wird es doch knapp, zum Glück bleibt die Brücke zu und wir eilen zur Bushaltestelle auf der anderen Seite.
Kurz bevor wir ankommen, sehen wir unseren Bus abfahren. Hä? Haben nicht alle gesagt, diese Buslinie kommt immer zu spät? Das war bislang auch unsere Erfahrung. OK, wir sind zwei Minuten zu spät – unser Fehler! Dies ist wohl das einzige Mal, das der Bus pünktlich abgefahren ist.
Wir finden das ein bisschen ungerecht, aber nutzen die Wartezeit auf den nächsten Bus, um uns noch einen leckeren Mojito zu gönnen. Als wir dann schließlich wieder an der Bushaltestelle auf die Abfahrt des letzten Busses warten, hat dieser natürlich wieder die obligatorische halbe Stunde Verspätung…