Vigo-Porto
Freitag, 09.09.2022
Vigo – Porto
Für Gaby und Bettina geht der Urlaub heute leider schon zu Ende. Wir begleiten sie zum Taxi, gehen dann gleich in der Stadt frühstücken und bereiten das Boot für die Weiterreise vor.
Der Wind hat nachgelassen und soll sogar aus ersehnten nördlichen Richtungen wehen. Das können wir uns nicht entgehen lassen! Gerne hätten wir noch eine Nacht vor den Islas da Cies geankert, auf dem Herweg war dies leider nicht möglich, da die Dünung zu mächtig war. Jetzt würde das Wetter passen, aber wir wollen lieber den Wind nutzen, um nach Süden voran zu kommen.
Als wir mittags auslaufen, weht der Wind noch wie gewohnt aus SSW und wir kreuzen Schlag für Schlag aus der Ria. Die Sonne scheint, der Wind weht mit einer Stärke um 10 Knoten, das ist endlich mal segeln, wie man es sich wünscht. Wir genießen noch mal den Anblick der Islas da Cies vor der Ria und setzen unseren Kurs nach Süden ab. Irgendwann ist der schöne Segelwind wieder verbraucht und wir müssen die Maschine zu Hilfe nehmen. Dafür können wir den Kurs gut um das letzte spanische Kap südlich von Bayona steuern, haben noch einen tollen Blick auf den Leuchtturm und das Panorama der Küste. Und dann geht es gen Süden, Richtung Portugal.
Ein Stück weit begleitet uns eine kleine Schule Delfine, ganz nah, so wie man es sich wünscht, spielen sie um unseren Bug. Wir sind ganz verzaubert.
Später setzt dann tatsächlich der versprochene Nordwind ein, wir können gut segeln und passieren genau zum Wachwechsel um 20.00 Uhr den Grenzfluß zwischen Spanien und Portugal, Rio Minho. Dietrich segelt hinein in einen tollen Sonnenuntergang, gleichzeitig geht über dem Festland der Vollmond auf. Eine tolle Nacht zum Segeln! Wir entscheiden uns, in etwa 2 – 3 Meilen Abstand zur Küste zu segeln, in der Hoffnung, dass uns hier möglichst keine kleinen Fischerboote ohne AIS-Kennung in die Quere kommen, die größeren Fischereischiffe mit AIS sehen wir weiter draußen. Unsere Rechnung geht ganz gut auf, wir haben keine Begegnungen mit Fischern.
Samstag, 10.09.2022
Vigo – Porto
Ich löse Dietrich um 0.00 Uhr ab und gehe meine Wache bis 4.00 Uhr. Mit einigem Abstand kann man die Lichter der Küste gut sehen, ohne dass wir jedoch zu nah sind. Gegen Ende meiner Wache lässt der Wind immer mehr nach und schläft schließlich ganz ein. Na gut, wir konnten ein ordentliches Stück segeln, nun müssen wir also nochmal ein Stück motoren. Als ich gegen halb Acht wieder aufstehe, um Dietrich abzulösen, sind wir kurz vor dem Industriehafen Leixos, unmittelbar nördlich von Porto. Hier gibt es auch eine Marina, aber das Umfeld ist uns zu sehr Industriehafen, wir wollen direkt nach Porto. Vor der Hafeneinfahrt ist ordentlich was los, mehrere Frachter liegen auf Reede, Schiffe laufen aus, von hinten kommt ein riesiger LNG-Frachter auf, von Süden nähert sich ein Kreuzfahrtschiff. Das ganze in einer grau-diesigen, wolkenverhangenen Atmosphäre, bis die Sonne über dem Festland aufgeht. Plötzlich ist die Industrielandschaft mit Ihren Kränen, Lagerhäusern und Schornsteinen in einen Streifen knall-oranges Licht getaucht, die Sonnenstrahlen umhüllen die Hochhäuser am Ufer. Die Szenerie sieht ein bischen aus wie in einem apokalyptischen Sciencefiction-Film und gleichzeitig sehr faszinierend. Wir tuckern langsam gen Süden, wollen noch etwas abwarten, bis sich der Dunst aufgelöst hat, um in den Rio Douro einzulaufen. Zwischen den beiden Wellenbrechern der Einfahrt in den Fluß kommt uns der Ebb-Strom noch mit gut 2 Knoten entgegen, um der Spitze des südlichen Wellenbrechers laufen sehr ausgeprägte, hohe Wellen.
Wir passieren die vielen Angelboote und suchen unseren Kurs im Fahrwasser den Fluß hinauf. Da es noch recht früh ist, nutzen wir die Gelegenheit, eine kleine Flußkreuzfahrt auf eigenem Kiel zu machen und fahren bis in die Altstadt Portos, bis uns die berühmte „Ponte de Luis I“ die Weiterfahrt versperrt.
Wow, das ist ein toller Blick auf die Stadt mit den Häusern am Ufer und der beeindruckenden Brückenkonstruktion über den Rio Douro.
Dann machen wir uns auf in die nahe der Flußmündung gelegene Marina Douro und nach kurzer Wartezeit bekommen wir einen Liegeplatz zugewiesen, mit dem Bug gen Süden, wie wir ihn uns gewünscht haben. Die Sonne scheint, wir können alle Luken aufreißen und unsere Klamotten trocknen. Die Nachtfahrt war doch recht feucht und kalt. Und natürlich haben wir auch ein bischen Schlaf-Defizit, das ausgeglichen werden will. Wir freuen uns, dass wir auf unserer Reise schon so weit gekommen sind und verbringen den Rest des Tages entspannt an Bord.
Abends gehen wir nochmal los, das nahegelegene Restaurant hat leider Betriebsferien, so laufen wir den steilen Berg hoch und finden dort eine sehr urige Kneipe im Wohnviertel hoch über dem Hafen. Es verirren sich wohl nicht oft Touristen hierher, mit viel gutem Willen, ein bischen Englisch seitens des Wirtes und etwas Fantasie unsererseits bestellen wir, was uns auf den umliegenden Tischen lecker erscheint. Der Wirt ist begeistert von unserer Wahl und als das Essen kommt, sind wir es auch. Mr. Google war übrigens wenig hilfreich bei der Übersetzung der mit Kreide auf eine Tafel geschriebenen Speisekarte. Das Übersetzungsprogramm bot uns mäßig verlockende Dinge an, wie Nägel, Feuerwerk und Hunde. Die konventionelle Methode, mit Händen und Füßen zu reden, war uns durchaus lieber und ja auch sehr erfolgreich.
Sonntag, 11.09.2022
Porto
Wir frühstücken lecker und gemütlich in dem Cafe am Hafen und machen uns dann auf, Porto zu erkunden. Das Taxi teilen wir uns mit einem anderen Seglerpärchen aus dem Hafen und fahren zum Fuß der „Ponte de Luis I“.
Nachdem wir den Blick vom Südufer aus genossen und ausreichend fotografiert haben, laufen wir durch den unteren Teil der Brücke zum anderen Ufer. Dort wollen wir eigentlich die „Funicular“ Bahn den steilen Hang hinauf nehmen, aber die Wartezeit beträgt über 40 Minuten. Na, dann doch zu Fuß und die Treppen hoch. Wir zählen über 200 Stufen, in der Hitze kommt man da ganz schön in´s Schwitzen. Aber natürlich lohnt sich der Blick von den verschiedenen Ebenen und wir sind froh, als wir am oberen Teil der Brücke angekommen sind. Von hier aus ist der Blick fantastisch. Wir laufen bis zur Mitte der Brücke und können uns kaum satt sehen an den wunderbaren Perspektiven zu beiden Seiten des Flusses.
Den oberen Teil der Brück teilen sich die Fußgänger mit der Metro, eine Absperrung gibt es nicht. Wenn eine Bahn kommt, gehen die Fußgänger zur Seite, manchmal scheucht die Bahn einen Radfahrer vor sich her. Alles sehr unkompliziert und völlig undenkbar im deutschen Regelungswahn.
Nun gehen wir erstmal zurück auf die Seite der Altstadt. Was denn nun zuerst anschauen? Die Auswahl ist riesig. Kathedrale, Kirchen, Palacios, Markthallen, Museen, Parks, noch mehr Museen, Wasserspiele. Wo man hinschaut, prächtige Gebäude mit beeindruckenden Fassaden und Türmen. Wir lassen uns ein bischen durch die Altstadt treiben, staunen und freuen uns über jeden neuen Ausblick. Sagte ich schon, dass es sehr steil bergauf und bergab geht? Wie so oft, ist es am besten, eine Stadt zu Fuß zu erkunden. Aber auch sehr schweißtreibend.
Ein typisches Straßenschild aus Keramikfliesen
Ein für Porto so typisches Fassadenbild, angefertigt aus tausenden Fliesen
An vielen tollen Gebäuden und Sehenswürdigkeiten vorbei führt unser Weg auch zur „Livraria Lello“. Davor eine ziemlich lange Schlange mit Leuten, die Eintrittskarten kaufen wollen. Hm, lohnt sich das? Dann sehen wir, dass man die Tickets auch online erwerben kann und so erheblich schneller hinein kommt. Nach einem kurzen Kampf mit der Technik haben wir die Tickets auf dem Handy und dürfen hinein in die berühmteste Buchhandlung der Welt.
Der Raum ist toll, mit den hohen Regalen voller Bücher, den geschnitzten Verzierungen und natürlich D E R Treppe. Ich hatte es schon mal gelesen, dass es kaum eine Gelegenheit gibt, die Treppe ohne andere Touristen darauf zu fotografieren…. Es ist wirklich sehr voll und ein unangenehmes Gedränge. Schon gar nicht haben wir die Muße, in den Büchern zu stöbern und ggfs. ein Buch zu kaufen. Nach 10 Minuten haben wir beide nur den Wunsch, schnell wieder raus hier. Uff, ja, sehr schön und toll, aber eindeutig zu voll.
Entspannung finden wir im Park gegenüber, hier gibt es eine coole Bar im Grünen mit schattigen Sonnenschirmen, wo wir mit einem kühlen Getränk schnell regenerieren. Dann laufen wir durch kleine Gassen der Altstadt zurück zur Brücke. Schön, wenn in den kleinen Nebenstraßen und Gassen nicht so viele Touristen unterwegs sind. Auf der Brücke treffen wir sie dann alle wieder. Klar, die Brücke ist der Touristen-Magnet, es ist Sonntag und gutes Wetter. Aber für meine Begriffe ist das wohl „over-tourism“.
Auf der Südseite angekommen nehmen wir die Seilbahn, um in das Viertel der Portwein-Keller zu kommen. Die Seilbahn führt direkt am Flußufer längs und ist eine sehr angenehme und entspannte Möglichkeit, die Szene von oben zu betrachten, gleichzeitig bringt sie uns schnell an unser Ziel. Wir haben noch einen Termin bei „Churchills“, einer Portwein-Kelterei, zu einer Führung mit „Wine-Tasting“. Das gehört jetzt einfach dazu. Wir erfahren, wie der Portwein reift und bestaunen die riesigen, 50.000 Liter fassenden Holzfässer.
In dem Lagerraum, in dem der Tawny-Port dann in normal-großen Fässern weiter für die nächsten 10 bis 30 Jahre reift, könnte man bei einem längeren Aufenthalt alleine von der Luft betrunken werden.
So lange bleiben wir nicht, es geht weiter in den Raum mit den bereits in Flaschen abgefüllten Premium-Jahrgängen. Anschließend dürfen wir 3 verschiedene Portweine verkosten, von denen der Führer behauptet, die Weine seiner Company seien weniger süß als andere.
Tatsächlich ist auch der Dry Portwein noch ziemlich süß, der Tawny-Port sehr intensiv im Geschmack. Portwein trinkt man natürlich nur zu passenden Gelegenheiten, wir erwerben ein paar Flaschen.
Als wir abends wieder zurück an Bord sind, sind wir immer noch völlig geflasht von den vielen Eindrücken dieser tollen Stadt. So eine Vielzahl an beeindruckenden und mächtigen Gebäuden, die eine lange Geschichte und auch internationale Beziehungen dokumentieren und auf der anderen Seite so ein modernes und weltoffenes Flair, das ist wirklich eine enorme Ausstrahlung, die die Stadt vermittelt. Und wie so oft sind es die vielen Details, die begeistern: man sieht, wie viel Aufwand die Menschen mal betrieben haben, um ihre Häuser so geschickt an den Hang zu bauen oder zu verzieren. Das zeigt auch noch nach langer Zeit seine Wirkung.