
Hiva Oa
Supermärkte, Kultur, Geschichte und überwältigend freundliche Menschen
Am nächsten Morgen wollen wir erneut nach Atuona. Wie hier üblich, halten wir den Daumen raus. In Deutschland waren wir beide nie trampen, hier haben wir eine sehr hohe Erfolgsquote. Eigentlich jeder, der es möglich machen kann, nimmt einen mit. Wir lassen uns vor dem ersten (kleinen) Supermarkt im Ort absetzen. Der Inhaber des Marktes erkennt uns sofort als Segler (was auch nicht besonders schwer ist) und erklärt, er würde uns nach dem Einkauf selbstverständlich mit seinem Auto wieder zum Hafen zurückfahren. Sicherlich umsatzfördernd vor allem aber genauso toller Service wie im Restaurant am Abend vorher! Auch das wäre ja eine prima Idee für heimische Supermärkte… ! Wir bekommen hier ein gutes, französisches Angebot an Lebensmitteln, inklusive leckerem Camembert, frischem Salat und Tomaten. Wir stocken unsere dezimierten Vorräte auf. Nachdem wir mit all den Schätzen wieder an Bord sind und alles verstaut ist, brechen wir am Nachmittag erneut Richtung Atuona auf. Wieder klappt es hervorragend mit dem Trampen.
Nun ist Kultur angesagt. Auf Hiva Oa haben der Maler Paul Gauguin und der Musiker Jaques Brel mehrere Jahre gelebt. Inmitten eines wunderschönen Gartens gibt es ein Museum mit Werken Gauguins und einer Rekonstruktion seines Wohnhauses.
Das Ganze wird flankiert von einigen einheimischen Kulturgütern, wie Tikis und einem großen Doppelkanu.
Nur ein kleines Stückchen hinter dem Garten hängt in einem Hangar das Kleinflugzeug, das Jaques Brel für Flüge zwischen den Inseln der Marquesas genutzt hat. Natürlich läuft seine Musik im Hintergrund und sein Leben auf Hiva Oa wird dargestellt.
Anschließend laufen wir noch ein bisschen durch den Ort, der im Wesentlichen aus einer Straße besteht. Wir sind noch auf der Suche nach einem Leihwagen für den morgigen Tag. Bislang haben wir auf unsere WhatsApp Anfragen leider noch keine Antwort bekommen, wir probieren es weiter. Der Weg zum Strand führt uns am hiesigen Autohaus vorbei, das sieht folgendermaßen aus: Auf einer Wiese stehen zwei neue Pickups zum Verkauf, unter einem Partypavillon sitzen zwei Mitarbeiterinnen vor Laptops. Fertig ist die Verkaufsausstellung, das reicht hier völlig. Wir fragen, ob sie zufällig auch Autos vermieten. Leider nein, aber sie fangen sofort an zu telefonieren und suchen nach einem Leihwagen für uns. Wunderbar, bei der dritten Nummer werden sie fündig und machen den Leihwagen für uns klar. Wieder sind wir begeistert von der herzlichen Hilfsbereitschaft dieser Menschen. Unsere Begeisterung wird tatsächlich noch getoppt, als wir für den Rückweg wieder trampen wollen. Ein Kleinwagen hält, der Beifahrer steigt aus und erklärt uns, sie hätten leider nicht genug Platz für alle. Er würde jetzt ein Stückchen zu Fuß gehen und wir sollen in den Wagen einsteigen. Im Wagen sitzen seine Frau und hinten ein jüngerer Mann mit Kind. Wir wollen den freundlichen Herren natürlich nicht laufen lassen, aber er besteht darauf. Also fährt uns seine Frau mal eben zum Hafen, um ihn dann anschließend wieder an Bord zu nehmen. Wir sind schon fast beschämt von soviel Liebenswürdigkeit und Hilfsbereitschaft.
Als wir am nächsten Morgen wie verabredet an der Tankstelle auf unseren Leihwagen warten, kommen als erstes die beiden Ladies vom Autohaus vorbei. Sie wollen wohl sicherstellen, dass die Sache auch klar geht. Kurz darauf kommt eine Dame mit unserem Leihwagen. Der Wagen ist recht neu und alles geht völlig unkompliziert und schnell über die Bühne. Fünf Minuten später erklimmen wir mit unserem Leihwagen bereits die Serpentinenstrecke hinter dem Hafen und genießen den Blick über die Bucht.
Unser erstes Ziel ist ein lächelnder Tiki im Wald. Wir parken das Auto am Straßenrand, folgen zu Fuß der Beschreibung anderer Reisender und schlittern über schlammige Wege hinab durch den Regenwald. Da ist er, der „Tiki Souriant“. Der einzige bisher, der lächelt. Und er sieht doch wirklich so aus, als wäre er die Vorlage für die „Minion-Figuren“ gewesen.
Wir machen einen kurzen Abstecher zum Flughafen. Ein sehr luftiges Gebäude, durch das man ohne Problem hindurch sehen kann. Hiva Oa ist deutlich touristischer als Fatu Hiva oder die Gambier Inseln, hier kommt jeden Tag ein kleiner Flieger von Tahiti an. Dann folgen wir der (einzigen) Straße einmal quer über die Insel. Es geht über einen Pass auf 770 m Höhe, hier sind wir kurzfristig mitten in den Wolken. Dann mit unzähligen Serpentinen wieder hinab an die Nordküste. Spektakuläre Ausblicke auf die schroffe Küste, steile Berge und abgeschlossene kleine Buchten mit traumhaften Sandstränden wechseln sich ab. Die ganze Küste ist nur sehr dünn besiedelt und wir begegnen nur sehr wenigen Menschen.
Unser Ziel ist der Ort Puama’u, hier gibt es eine alte, restaurierte Kultstätte mit fünf großen Tiki-Figuren. Unter anderem dem größten Tiki der Marquesas. Die Kultstätte ist wunderschön angelegt, von dichtem Urwald umgeben und strahlt tatsächlich eine erhabene, spirituelle Atmosphäre aus. Sehr schön.
Von einem zufällig anwesenden Archäologen aus Neuseeland erfahren wir, dass die Entstehungszeiten dieser Tiki auf das 14. bis 15. Jahrhundert geschätzt werden. Kein Wunder also, dass sie bereits ein wenig verwittert sind. Das gesamte Areal wurde Ende der 1970er Jahre archäologisch aufgearbeitet, die Tiki ausgegraben und gereinigt und auch die Anlage hat in dieser Zeit ihr aktuelles Erscheinungsbild erhalten.