
Aus Fehlern lernen
Wir bleiben noch ein paar Tage vor Rikitea, nutzen die Gelegenheit zum Einkaufen und wettern hier ein etwas stürmisches Windfeld ab. Da unser Schwoikreis im Ankerfeld durch das Riff und die anderen Boote etwas begrenzt ist, konnten wir nicht ganz so viel Ankerkette stecken, wie wir es gerne getan hätten. Für Sonntag früh sind Böen bis 28 Knoten vorhergesagt.
Wir haben für die Unterstützung der Haltekraft unseres Ankers ein sogenanntes Reitgewicht dabei. Ein 10 Kilo Hantelgewicht, das wir mit einem Schäkel mittels einer Leine an unserer Ankerkette hinunter rutschen lassen können. Das wäre ja mal eine gute Gelegenheit, dies hier auszuprobieren. Gesagt, getan.
Vom Dinghi aus befestigt Dietrich das Reitgewicht an der Kette und ich lasse es von MACARENAs Bug aus an der Ankerkette in die Tiefe bis auf den Grund gleiten. Anschließend diskutieren wir noch ein bisschen, ob es wohl sinnvoll ist, das das Reitgewicht auf dem Grund liegt oder nicht. Wir ankern auf rund 15 m Wassertiefe und können den Grund nicht sehen. Da wir nicht sicher sind, ob sich das Reitgewicht und seine Leine ggfs. um irgendwelche Hindernisse auf dem Grund vertüdeln können, entscheiden wir uns, die Leine am Gewicht soweit anzuheben, dass sie gerade ohne Last aber parallel zur Ankerkette ohne Durchhang verläuft. Ich ziehe an der Leine und spüre keinen Widerstand. Hm, das ist jetzt komisch. Ganz leicht kann ich die Leine immer weiter holen. Oha, nach kurzer Zeit habe ich die ganze Leine ohne das Gewicht in der Hand. Die Schlaufe (Auge), mit dem die Leine an dem Gewicht befestigt war, ist noch intakt. Wir rätseln ein wenig, was denn da schief gegangen ist und gelangen dann zu der Erkenntnis, dass sich beim runterlassen des Gewichtes der Bolzen des Schäkels durch die Reibung an der Kette aufgedreht hat. Das ist jetzt blöd.
Dietrich entschließt sich zu einem Tauchgang, in der Hoffnung, das Reitgewicht noch zu finden. Leider ohne den gewünschten Erfolg. Hm, wir diagnostizieren den Unterschied zwischen Theorie und Praxis und sind letztendlich froh, dass wir die Erfahrung jetzt gemacht haben und nicht in einer Situation, wo es ggfs. brenzlig geworden wäre, wenn wir uns auf die Wirkung des Reitgewichts verlassen müssten. Wir werden versuchen, auf Tahiti ein neues Gewicht zu bekommen und eine neue Vorrichtung der Befestigung bauen. Grundsätzlich war unser System nicht schlecht, wir hätten nur den Bolzen des Schäkels mit einem Kabelbinder gegen das Aufdrehen sichern müssen. Lesson learnd!
Am Sonntagmorgen setzt der Starkwind dann zur vorhergesagten Uhrzeit ein. Nur aus einer ganz anderen Richtung. Oder doch nicht? Innerhalb von einer Viertelstunde haben wir starke Böen aus unterschiedlichsten Richtungen. MACARENA fährt innerhalb ihres Ankerradius ganz flott von dem einen Anschlag zum gegenüberliegenden. Wir beobachten die Situation vom Cockpit aus und prüfen, ob unser Anker hält und sich nicht durch die Drehbewegung des Bootes aus dem Grund reißt. Um uns herum liegen alle anderen Boote auch kreuz und quer. Der Wind dreht so schnell, dass manche Ankerlieger sich Bug zu Bug gegenüberliegen. Das hatten wir so nicht erwartet. Es dauert rund eineinhalb Stunden, bis der Wind seine Richtung gefunden hat und wie vorhergesagt aus SE weht. Schließlich richten sich alle Boote wieder parallel aus, MACARENAs Ankerposition macht einen sehr stabilen Eindruck, auch ohne Reitgewicht.